Hotdesking. Warum Chris Kane glaubt, dass Büros für die AV-Branche die große Chance sind

Wie wird es sein, wenn wir wieder ins Büro gehen, falls wir das überhaupt je wieder tun? Welche Auswirkungen wird das auf die AV-Branche haben? Laut Chris Kane, Autor des Buches “Where is My Office” wird es sicherlich nicht so sein wie früher oder wie wir es uns vorgestellt haben.

Kane zufolge werden wir uns auf „Arbeiten im Patchwork-Stil“ einstellen müssen.

„Hier gibt es kein Entweder-oder. Kein „entweder von zu Hause arbeiten oder im Büro“. Dies ist kein Kampf zwischen zwei Extremen. Hier entsteht etwas ganz Neues.“ Und warum ist er sich da so sicher? Chris Kane war Vice President of International Corporate Real Estate für The Walt Disney Company und Leiter der Abteilung Corporate Real Estate, als die BBC ihr Wholesale-Geschäft vom Hauptsitz in London weg verlegte und gleichzeitig von analog auf digital umstellte. Er kennt sich mit Arbeitsplätzen aus, besonders mit kreativen Arbeitsplatzlösungen.

Die von Kane angeführten Gründe sind subtil wie auch komplex. Tatsache ist jedoch, dass er Veränderungen in den Machtverhältnissen feststellen kann, die dafür sorgten, dass zentralisiertes Arbeiten seit dem frühen 19. Jahrhundert vorherrschend war und blieb. Die Pandemie, so sagt er, habe einen bestehenden Trend lediglich beschleunigt. „Arbeit wird in naher Zukunft aus einer Fülle von Tätigkeiten bestehen, die zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten und von unterschiedlichen Mitarbeitern ausgeführt werden – Arbeiten im Patchwork-Stil.“

Die Technik hat das Gebäude verlassen

Natürlich hat die Technik und die erstaunlichen Möglichkeiten der heute privat genutzten Technik die Macht nun buchstäblich in die Hand der meisten im Büro tätigen Mitarbeiter gelegt und auch bei ihnen zuhause Einzug gehalten. Wir kennen uns mit Cloud Computing aus und nutzen fleißig Zoom und Teams – dadurch sind persönliche Treffen überflüssig geworden. Genau hier hat Kane zufolge eine Machtverschiebung stattgefunden. Doch die kooperativen, kreativen Arbeitsformen, die flexible Unternehmen brauchen, sind durchaus noch vorhanden. Daher brauchen wir auch noch Orte, an denen wir uns treffen können. Keine Besprechungsräume, in denen Hierarchien verstärkt werden, sondern mit AV-Technik ausgestattete, kreative Räume für spontane Treffen, bei denen Hierarchien keine Rolle spielen und neue Ideen entwickelt werden, etwas, mit dem heranwachsende Generationen bereits vertraut sind.

Zur Arbeit gehen war gestern

Das Konzept, dass man außer Haus arbeitet, ist veraltet, vor allem für junge Generationen, die mit Networking und einer Fülle an Auswahlmöglichkeiten aufwachsen. Immer mehr Dinge werden uns nach Hause geliefert, warum nicht auch die Arbeit? Kane erläutert: „Durch die Verlagerung vom Shareholder Value zum Stakeholder Value liegt der Differenzierungsfaktor für Unternehmen darin, glaubhaft zu machen, dass sie ein erstklassiger Arbeitgeber sind. Und wenn KI und Automatisierung sich so weiterentwickeln wie wir es erwarten, ist die Arbeit, die nur von Menschen ausgeführt werden kann, von großem Wert.“

Wenn Ihr Unternehmen auf gute Mitarbeiter angewiesen ist, sollten Sie dafür sorgen, dass Ihre Arbeitsplätze für Mitarbeiter attraktiv sind. Und wenn Immobilienbesitzer bisher meinten, das spiele für sie keine Rolle, werden sie schon bald eines Besseren belehrt werden.

Ein Immobilien-Geschäftsmodell, das nicht funktioniert

Kane ist der Ansicht, dass das aktuelle Machtgefüge, bei dem Immobilienentwickler Büroräume bauen und diese dann für einen bestimmten Zeitraum vermieten und dabei die Miete automatisch drei Monate im Voraus kassieren, keinen Bestand haben wird, weil dieses Geschäftsmodell so gar nicht zur flexiblen Struktur der übrigen Unternehmenswelt passt. Der Niedergang dieses Modells ist unabwendbar. Der langsame, jedoch immer schneller werdende Zusammenbruch dieses Konzepts ist dabei der eigentliche Motor.

„Die flexible Arbeitsplatzgestaltung macht bereits 10 % aus und wird voraussichtlich auf 30 % steigen. Meiner Meinung nach ist selbst ein Anstieg auf 50 % realistisch. Es wird eine grundlegende Umstellung auf Immobilien als Service geben – Nischenmodelle, wie Abonnements, wodurch Immobilienunternehmen es wesentlich schwerer haben werden, Mieter zu finden.“

Es scheint, als wäre das althergebrachte Büromodell ohnehin bereits zum Scheitern verurteilt gewesen, weil die ihm zugrunde liegenden sozialen und finanziellen Ökosysteme gar nicht mehr bestehen. Der Auslöser war also weder COVID noch die Technologie oder die Gesellschaft. Das gesamte Modell war einfach nicht zeitgemäß.

„Die größte Chance für die AV-Branche“

Dreimal während unseres Interviews mit Chris Kane sagt er, dass er die von ihm festgestellten Veränderungen für die größte Chance der AV-Branche hält. Teils weil Mitarbeiter dies einfordern, teils, weil Arbeitgeber es anbieten müssen, aber der Hauptgrund ist, dass das alte Geschäftsmodell für gewerbliche Immobilien in seiner heutigen Form einfach keine Zukunft hat.

Das ist eine gewagte Behauptung. Chris Kanes Renommee und Erfahrung nach  sind wir jedoch geneigt ihm zu glauben.