In den 1980er Jahren wurde ein angesehener Telekommunikationsingenieur, der jedoch nicht namentlich genannt werden möchte, gefragt, welchen hauptsächlichen Verwendungszweck das damals aufkommende digitale ISDN-Netz seiner Meinung nach finden würde. „Videokonferenzen“ kam es selbstsicher zurück. Und wie sieht es mit der unglaublichen Bandbreite aus, die 2G-Mobilgeräte damals lieferten? Er und die ganze Welt dachten auch hier, dass sie vor allem für Videokonferenzen genutzt werden würde. Bei 3G und 4G war es nicht anders.

Doch weit gefehlt. Es stimmt, dass Videos nach Schätzungen von Ericsson bis 2022 mit rund 75 Prozent des mobilen Datenverkehrs den Löwenanteil ausmachen werden, dies wird jedoch auf Film-Downloads und Social Media Sharing zurückzuführen sein.

Anderer Verwendungszweck als gedacht 

Tatsache ist jedoch, damals wie heute, dass nach der Einführung eines schnelleren Netzwerks auch kurz darauf neue Anwendungen auf den Markt kommen. Dabei handelt es sich allerdings nicht immer um die Anwendungen, die der Netzwerkhersteller vor Augen hatte. In der Geschäftswelt ist es natürlich ein absolutes No-Go, Produkte zu entwickeln, ohne zu wissen, ob eine konkrete Nachfrage besteht.

Auch im AV-Bereich munkelt man so einiges über den möglichen Verwendungszweck von 5G, wenn es kommt (und dass es kommt, ist sicher). Es ist jedoch gar nicht so einfach, vorherzusagen, wofür 5G letztendlich wirklich genutzt werden wird. Aufgrund der niedrigen Latenz von 5G könnten DOOH-Displays in der Lage sein, ein Telefon zu erkennen, Videos und Werbevideos basierend auf ein Social-Media-Profil abzurufen sowie zielgerichtete Botschaften zu versenden. Wenn die Sicherheitsprobleme im Zusammenhang mit der Verwendung von Funknetzwerken erst einmal gelöst sind, wird man für Verbindungen keine Kabel mehr brauchen. Dies bedeutet natürlich auch, dass keine Infrastruktur mehr benötigt wird und Installationen wesentlich einfacher werden.

Aber diese beiden Vorteile sind relativ unbedeutend. Und für geringfügige Vorteile investieren Regierungen weltweit mit Sicherheit keine Milliarden in die Förderung von 5G-Netzwerken. China ist zum Beispiel weltweit als Marktführer für 5G bekannt. Also muss es hier auf oberster Regierungsebene Menschen geben, die vom 5G-Netzwerk überzeugt sind (trotz zentraler Planwirtschaft).

Bilder vom Mittagessen 

Was also ist hier los und was wissen die Chinesen, was wir nicht wissen? Die Antwort könnte im Konzept der latenten Nachfrage liegen. Hiermit wird in der Regel eine Nachfrage nach einem Produkt oder einer Dienstleistung bezeichnet, das/die von Verbrauchern nicht genutzt werden kann, da das Produkt bzw. die Dienstleistung zu teuer ist. Wenn der Preis eines Tages allerdings sinkt, ist die entsprechende (latente) Nachfrage also da. Die latente Nachfrage ist jedoch auch für Dienstleistungen relevant, von denen wir bisher noch gar nichts wissen. So wussten beispielsweise wohl die wenigsten von uns, dass wir gerne Bilder von unserem Mittagessen teilen würden. Diese latente Nachfrage kam erst dank Instagram zutage.

Regierungen auf der ganzen Welt sind sich sicher, dass die Einführung von 5G bei Verbrauchern, in Unternehmen und auch im AV-Bereich eine enorme latente Nachfrage entfachen wird. Welche Form das haben wird, kann man jedoch erst sagen, wenn es soweit ist. Wenn man aus der Vergangenheit irgendwelche Schlüsse ziehen kann, dann wohl die, dass wir mit etwas ganz Neuem rechnen müssen, das eine große Verbesserung darstellt.

Wie geht’s weiter?

Wir bei Christie haben uns da schon einige Gedanken gemacht und arbeiten an diversen Ideen. Einige dieser Ideen werden vielleicht Erfolg haben, andere vielleicht nicht. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass 5G einige Veränderungen mit sich bringen wird.

Schon die Tatsache, dass es mit 5G möglich sein wird, qualitativ hochwertige Videos mit niedriger Latenz über ein Mobiltelefon bereitzustellen, bedeutet, dass Pro AV erstmals nicht nur Teil der mobilen Revolution ist, sondern eine ganz zentrale Rolle spielt.